Bürgerverein sucht Informationen zur Familie Leiser

Geschrieben von Rainer Klemke am . Veröffentlicht in Aktuelles

Stolpersteinprojekt für NS-Opfer

Der Bürgerverein plant in Zusammenarbeit mit der Gemeinde Schorfheide für den 27. März 2015 die Verlegung von „Stolpersteinen“ für die Kaufmannsfamilie Leiser aus Groß Schönebeck, um an diese Opfer des NS-Terrors in unserem Dorf vor ihrem ehemaligen Wohnhaus zu erinnern. Dazu haben wir die hier aufgeführten Informationen von Zeitzeugen aus dem Ort, dem Landesarchiv Berlin sowie dem Brandenburgischen Landeshauptarchiv in Potsdam zusammengetragen, die jedoch noch keine präzise Auskunft zum Verbleib der überlebenden Familienmitglieder geben und noch zu verifizieren sind. Gesucht werden Hinweise zu genauen Daten und ggf. bekannte Nachkommen der Familie. Gesucht werden auch Fotos der Familie Leiser sowie des ehemaligen Kaufhauses Leiser in der Ernst-Thälmannstraße 46 (früher: Dorfstr. 11). Jeder sachdienliche Hinweis aus dem Gedächtnis von ZeitzeugInnen (Adressen?, ergänzende/korrigierende Informationen zu dem unten Stehenden) oder aus den Fotoalben Groß Schönebecker Familien ist herzlich willkommen. Darauf freuen sich: Anette Flade (Pfarrhaus) oder Rainer E. Klemke, Schlufter Str. 20 (Tel.: 0152 34142946, Diese E-Mail-Adresse ist vor Spambots geschützt! Zur Anzeige muss JavaScript eingeschaltet sein!).

Bisherige Informationen über „Familie Leiser“ aus Groß Schönebeck

  • Friedmann Leiser erwarb das Kaufhaus in der Dorfstraße 11 wohl erst 1905.
  • Zur Familie gehörten: Friedmann (Fred) Leiser, geb. am 03.03.1877 in Hermannsdorf, Posen, mit Elise , geb. Putzinger, geb. am 07.09.1883 in Bärwalde; 3 Töchter: 1. Martelise aus 1. Ehe (verehelichte Kath) 2. Alice (verehelichte Njemann) aus der Ehe mit Elise und 3. Ingeborg (verehelichte Spanjer) aus 1. Ehe; 2 Schwestern von Friedmann Leiser – Alma und Florentine (Flora) (beide unverheiratet) und der Vater von Herrn Leiser (Vorname unbekannt)
    • Ingeborg Johanna Spanjer, Beruf Putzmachrin, zuletzt wohnhaft in Düsseldorf, Blumenstr. 8-10
    • Martelise Frieda Kath, zuletzt wohnhaft in Köln, Dreikönigen-Str. 12, Ehemann Fritze Kath, Sohn Hans soll noch in GS in die Schule gegangen sein
    • Alice Nejmann geb. Leiser geb am 12.07.1914 in GS

      Letzte Adresse: 244, Willesdan Lane

      London NW. 2

      Erbin nach Lina (Elise) Putziger, geb. 13.04.1888 geb. Lewin, in Zielenzig

      Am 28.02.1962 mit australischer Staatsangehörigkeit mit Adresse 141 Bringham Street, Kings Cross, Sidney/Australien, vorübergehend wohnhaft in Utrecht, Bakkerstraat 5 bei van den Berg. Vertrat       gegenüber dem Entschädigungsamt auch die Interessen ihrer beiden Halbschwestern Ingeborg und Martelise.

      Seit Februar 1936 Verheiratet mit dem Kaufmann Abrams Nejmann, geb.    16.01.1902 in Lodz, austral. Staatsbürger. Wurde 1938 als Pole und Jude nach Polen abgeschoben und ist über Italien nach Australien   ausgewandert

  • Leisers Schwestern waren im Geschäft tätig. Frau Leiser war kaum in der Öffentlichkeit. Tochter Marthel heiratete Herrn Kath, einen Nichtjuden und lebte auch in GS. Aus dieser Ehe gibt es einen Sohn, der hier in GS zur Schule gegangen ist. 2.Tochter, Alice lebte im Krieg in Berlin, verheiratet mit einem Juden, lebte zuletzt in London. 3. Tochter Ingeborg lebte zunächst in Holland , nach dem Krieg in Düsseldorf.
  • Die 2 Schwestern von Friedmann Leiser Alma und Flora und deren Vater lebten zeitweise bei Kozoneck (Schreibweise?) jetzt Haus von Bäckerei Graw in GS
  • Tochter Marteliese lebte nach Heirat mit Mann Abrams Kath und Sohn im Altenteil bei Familie Hübner in der Thälmannstraße 13 in GS (bis zur Ausweisung nach Polen! REK)
  • Die Familie Hübner hat dann auch Leisers Schwester Jenny Mandelkern mit gehbehindertem Mann aus Berlin kommend mehrere Jahre versteckt. Mandelkerns sind 1945 nach Tel Aviv ausgereist (haben sich 1x mit einer Postkarte gemeldet und bedankt). Davon soll auch der als besonders linientreu geltende NSDAP-Ortsgruppenleiter (und Schulleiter) gewusst haben.
  • Am 10. November 1938 wurde das Leiser Landwarenhaus zerstört und nicht wieder geöffnet
  • Am 23.03.1939 mussten Leisers das Grundstück zwangsweise an Familie Röser für 18.000 RM verkaufen, blieben aber zunächst dort wohnen. Zu DDR-Zeiten hat Familie Kath versucht, das Elternhaus zurück zu bekommen. Das war aber nicht möglich, weil es bereits an Familie Röser verkauft worden war. Fam. Röser hatte am 23.07.1941 eine Hypothek in Höhe von 2.497,94 RM unter Anrechnung auf den Kaufpreis übernommen. Leisers mussten Schmuck und andere Wertgegenstände abgeben und im November 1939 eine sog. „Judenvermögensabgabe“ in Höhe von 8.750 RM leisten.
  • Die Leisers wohnten fortan in drei „Notzimmern“ im ersten Stock ihres ehemaligen Wohnhauses, die zuvor von der Gemeindeverwaltung genutzt worden waren. Friedmann Leiser zahlte 13 RM für sich und 7 RM für die beiden Schwestern an Röser. Alice Nejmann (Neumann) wohnte damals (1939) in der Münchener Str. 7 (Berlin-Schöneberg) bei Fetter und die Hypothek war seinerzeit auf ihren Namen eingetragen. Leiser beantragte bei der Devisenstelle, diesen Betrag von seinem Sperrkonto, auf dem sein gesamtes Vermögen mit Verfügung vom 18. Januar 1939 'gesichert' worden war, für seine Tochter freizugeben. Dem wurde am 8. Juni 1939 stattgegeben.
    Leisers Tochter Ingeborg Spanjer wohnte zu der Zeit in Utrecht, Holland, Maritzstr. 44, seine Tochter Marteliese Kath in Groß Schönebeck, Dorfstr. 28.
  • Adolf Röser hatte zuvor sein seit 1911 bestehendes Geschäft für Elektro- und Rundfunkgeräte, Eisenwaren, Baumaterialien, Haus- und Küchengeräte, Licht-, Kraft- und Wasseranlagen von der Liebenwalder Str. 62 am 3. Juni 1939 in das ehemals Leiser'sche Kaufhaus in der Dorfstr. 11 verlegt.
  • Vor der geplanten Deportation mussten die Eheleute Leiser und die beiden Schwestern am 9. April 1942 eine Vermögenserklärung abgeben, in der alle Haushaltsgegenstände, Kleidung und Vermögen deklariert werden mussten. Friedmann Leiser hatte danach noch ein Vermögen von 330 RM sowie 2.612,92 RM auf einem Sperrkonto, über das er nicht verfügen konnte. Leiser hatte danach Anrecht auf eine Militärrente. Seine Schwestern gaben an, seit 1905 (Alma) bzw. seit 1911 (Florentine) von ihrem Bruder „ausgehalten“ worden zu sein, da ohne eigenes Vermögen und Beruf.
  • Am 14.04.1942 wurden lt. Gedenkbuch des Bundesarchivs Herr und Frau Leiser und seine 2 Schwestern (was mit dem Opa war, ist nicht klar, er war bei Familie Brandt versteckt) ins Warschauer Ghetto abtransportiert . Friedmann Leiser wurde am 8. Mai 1945 für tot erklärt. Seine Frau Elise L., geb. Putzinger, geb. am 7.09.1883 in Bärwalde/Neumark wurde mit Beschluss vom Kreisgericht Bernau auf den 31.12.1951 für tot erklärt. Es gibt keinen Zweifel, dass alle vier die Deportation nicht überlebt haben. Das Mietverhältnis für die Fam. Leiser wurde amtlicherseits zum 1. Juli 1942 als aufgelöst festgestellt.
  • Röser beantragte später die drei Zimmer zu entsiegeln, da er hier dringende Bauarbeiten durchführen musste (Schornstein war undicht und durch die Fenster regnete es herein) und wollte sie für seinen 'im Felde stehenden' 29jährigen Sohn herrichten, der im August 1942 heiraten wollte, beim Bürgermeister Pankow. Weiterhin wollte er den Leiser'schen Hausrat übernehmen, da solcher „schwer zu beschaffen“ sei. Die Übernahme der Möbel wurde abgelehnt. Gem. eines Verzeichnisses 'über die Verwertung des Vermögens evakuierter Juden' im Gesamtwert von 1.549 RM anzüglich eines Nachlasses von 462 RM werden diese an eine Gebrauchtwarenhändlerin Anna Lemcke in Berlin – Hermsdorf , Kurfürstenstr. 40 zugunsten des Finanzamtes Niederbarnim verkauft. Frau Lemcke erhält noch eine Rückzahlung für 'durch langes Lagern und Sonnenbrand wertlos gewordene Gardinen'.
  • Die Devisenstelle bezeichnet am 4.12.1942 die Leisers als 'am 3.04.1942 mit unbekanntem Ziel abgewandert' und stellt fest, dass die erfassten Vermögenswerte aufgrund der Vorschriften zugunsten des Reiches eingezogen wurden. Wegen der von Leiser als 'Evakuierungskosten' auf ein Konto der Reichsvereinigung der Juden überwiesenen Betrages schließt die Kreissparkasse Niederbarnim am 1.12.1942, dass er in den „Osten evakuiert“ wurde und damit sein Vermögen dem Reich verfallen ist.

Siehe zu Familie Leiser auch:

http://www.grossschoenebeck.de/umgebung/geschichte/95-reichsprogromnacht-in-gross-schoenebeck.html

Es gibt bislang lediglich zwei Fotos von Fred Leiser und seinen beiden Schwestern:

Fred Leiser und seine 2 Schwestern Alma und Flora:

 

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sowie ein Portrait-Foto der beiden Schwestern in jüngeren Jahren:

 

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