Legenden und Wahrheiten aus Böhmerheide II
Die Bohms als Köhler in der Schorfheide
Im frühen Mittelalter war die Kohle ein noch unbekannter Rohstoff sowie alle 
 aus ihr produzierten Nebenprodukte, wie wir sie heute kennen.Was damals in 
 unserem holzreichen Gebiet hergestellt wurde, um in Dorfschmieden oder 
 Töpfereien hohe Temperaturen zu erreichen, kennen wir nur noch von den sehr 
 beliebten Grillabenden her, gemeint ist die Holzkohle. 
Vor rund 600 - 700 Jahren erwarben mehrere Familien in der großen Heide, auch 
 "Magna merica" genannt, ihren Lebensunterhalt mit der Herstellung von Holz- 
 kohle und dem als Nebenprodukt anfallenden Pech. Beide Produkte waren sehr 
 begehrt und fanden überall ihren Absatz, die Holzkohle, wie schon erwähnt, in 
 Schmieden und Töpfereien und das Pech in all den Bereichen, wo geschmiert 
 und abgedichtet werden mußte. Damals hatte jedes Pferde- und Ochsengespann 
 einen Pechnapf am Wagen zu hängen, um bei heißgelaufenen Achsen diese 
 schmieren zu können, aber auch im Schiffs- und Kahnbau wurde Pech benötigt.
Einer dieser Standorte der Holzkohleherstellung - eine Köhlerei - war das 
 Gebiet um Böhmerheide. Hätte der heutige Besucher damals die Gelegenheit ' 
 gehabt, vom Kirchturm der Gemeinde Groß Schönebeck seinen Blick über die 
 Weiten der Schorfheide schweifen lassen zu können, so hätte er bei Klandorf, 
 am Treptow-See oder in der Gegend des Lotzinsees kleine Rauchschwaden der 
 Kohlenmeiler sehen können. Aus großen, aufgeschichteten Holzscheiten, die 
 nach einem ganz genauen Plan gestapelt und zum Schluß von außen mit 
 Grasballen und Sand abgedichtet wurden, entstand in einem Schwelbrandpro- 
 zeß Holzkohle. Nur an einzelnen Stellen konnte unten durch Öffnungen Luft 
 eindringen und oben der Rauch abziehen. Auf keinen Fall durfte zuviel Luft in 
 den Meiler dringen, denn dann bestand die Gefahr, daß der Meiler Feuer fing, 
 sich die im Inneren befindlichen Holzgase entzündeten und es zu einer Explo- 
 sion kam. Die Arbeit von Wochen war dann vernichtet. 
Die Köhler - wie sie sich nannten - lebten damals meist mitten im Wald, in 
 unmittelbarer Nähe ihrer Meiler, ganz auf sich allein gestellt. Die meisten 
 hausten dort mehr, als daß sie wohnten, denn waren die Baumbestände um ihre 
 Meiler gelichtet, zogen sie ein Stück weiter und errichteten sich eine neue 
 Behausung. Von den angrenzenden wenigen Dorfgemeinschaften wurden sie 
wegen ihres heruntergekommenen Aussehens meist gemieden, obwohl die 
 Landbevölkerung zu dieser Zeit auch nicht gerade beneidenswert schön, auf- 
 grund der herrschenden Armut, aussah. Den Köhlern wurden auch mystische 
 Verbindungen zu den Geistern der Wälder nachgesagt. 
Nach diesem kleinen Einblick in den Berufsstand der Köhler wollen wir uns mit 
 einer ganz bestimmten Familie näher beschäftigen, die durch für sie glückliche 
 Umstände aus ihrem sehr armseligen Dasein herausgekommen ist. Sie nannten 
 sich "Baum", als sie erstmals im Jahre 1444 urkundlich im Gebiet der Schorfhei- 
 de erwähnt wurden. Später wurde für unser Gebiet der Familienname "Bohm" 
 daraus, um im nachfolgenden Text Verwechselungen zu vermeiden, werden wir 
 bei diesem Namen bleiben. 
" Bohm" bedeutet nichts anderes als Baum. Im 10./II.Jahrhundert war es üblich, 
 jeder Person einen Namen zuzuordnen, um eine bessere Unterscheidung vor- 
 nehmen zu können, zuerst beim Adel, dann bei den bürgerlichen Familien und 
 zuletzt auf dem Lande. Aus diesen Zuordnungen wurden dann später feste und 
 erbliche Namen. 
Im Verlauf der Jahrhunderte sind die Familiennamen oft verändert worden. In 
 der Regel nannte man sich, wie man es wollte, schrieb nach dem Gehör oder 
 machte, als persönliches Zeichen drei Kreuze als Unterschrift. Es gab eben 
 nichts Festgeschriebenes. Später wurden andere, zusätzliche Bezeichnungen 
 zusammengefügt, um sich von weiteren Mitgliedern der Familie unterscheiden 
 zu können, z.B. Bohmhammel oder Nottebohm. Solange ein menschliches 
 Wesen weder mit dem Gesetz, noch mit der kirchlichen und weltlichen Macht 
 in irgendeiner Form zusammentraf, war ein Name überflüssig. Wollte es jedoch 
 an seinen Herrn ein Bittgesuch stellen, einen Landkauf tätigen oder sollte es, 
 was damals nicht selten war, aufgehängt werden, brauchte es einen Namen. 
Die Bohm's, so ist es über Generationen überliefert worden, erhielten ihren 
 Namen aufgrund ihrer damaligen überdurchschnittlichen Statur und Kraft, die 
 einem Baum gleichgekommen sein soll. Es wird sogar behauptet, daß die beiden 
 Wappenwächter im Wappen des Geschlechts der Hohenzollern, denen die 
 Bohm's bis zum Ende der deutschen Monarchie treu gedient haben, nachemp- 
 funden sein sollen. Aus Schleswig-Holstein, woher das Geschlecht der Bohm's 
 stammen soll, konnte tatsächlich in der Stadt Lübeck ein Conrad Bohm nach- 
 gewiesen werden, der dort von 1225 - 1300 gelebt hat. Ob aber die Schorfheider 
 Bohm's aus dieser Linie abgeleitet werden können, i~t heute nicht mehr fest- 
stellbar. Durchaus denkbar ist, daß sie sich erst hier selbst diesen Namen gaben 
 als Bewohner und Nutzer des Waldes.