Carinhall - Recycling

Geschrieben von Rainer Klemke am . Veröffentlicht in Geschichte

Die von Hermann Göring angeordnete Sprengung seines Landsitzes Carinhall nördlich von Groß Schönebeck hatte für dessen Einwohner in der materialarmen Nachkriegszeit insofern positive Konsequenzen, als sie mit den Hinterlassenschaften so manches Versorgungsloch stopfen konnten. Manches Haus im Ort ist aus Steinen, Eisen, Dachziegeln und sonstigen Materialien gebaut, ausgebessert oder vergrößert worden, die aus den Trümmern am Döllnsee stammen. Dabei war dieses „Enttrümmern“ in den Resten des Sitzes des ehemaligen „Reichsjägermeisters“ und vormaligen Groß Schönebecker Ehrenbürgers auch sehr gefährlich und führte sogar zu einem Todesopfer, als am 22. August 1950 Helfried Grassow beim Steine holen von einer einstürzenden Mauer unter sich begraben wurde, so dass nur noch ein Bein zu sehen war.

Die Freiwillige Feuerwehr mit Wilhelm Beyersdorf konnte als Erbe von Göring einen Hänger mit Feuerwehrschlauch und Spritze nach Groß Schönebeck holen. Zuvor hatten allerdings schon die Groß Döllner Kameraden das Beste der überaus gut ausgestatteten Feuerschutzeinrichtungen von Carinhall in ihr Dorf geholt. Für die Groß Schönebecker Feuerwehr war aber das schon eine Himmelsgabe, weil sich die politische Spitze des Ortes in den letzten Kriegstagen mit dem Feuerwehrauto und allen Unterlagen der Dorfverwaltungen nach Westen abgesetzt hatte, um sich zu den amerikanischen Linien durchzuschlagen.

Später erinnerten sich einige Groß Schönebecker daran, dass Göring eine kupferne Telefonleitung von der Alten Post im Ort bis nach Carinhall hatte unterirdisch verlegen lassen. Die wertvollen Kupferkabel schienen nun ungenutzt, das meiste wurde von der Post um 1950 wieder ausgebaut. Da Buntmetall in West-Berlin gutes Geld in DM brachte, machten sich auch einige pfiffige Schönebecker daran, der Trasse nachzugraben und die geborgenen Schätze zu verhökern. Das Geschäft wurde aber abrupt beendet, als ein Grabetrupp eine zweite Leitung erwischte, die parallel verlief und noch im Betrieb war. Sie verlief zu dem Sitz des Leibjägers von Göring am Döllnsee, der nun als Gästehaus der DDR zeitweise u.a. Wilhelm Pieck und Walter Ulbricht beherbergte. Dort fiel der Ausfall des Telefons schnell auf und eine Suchmannschaft des Störungsdienstes erwischte die „Gold“-Gräber noch auf frischer Tat.