Sparkassenvorstand Riediger ignoriert Aufforderung von Landrat und Kreistag, Schließung der Sparkassenfiliale in Groß Schönebeck abzufedern Groß Schönebecker kämpfen um die Zukunft des Barnimer "Dorfes mit Zukunft"

Geschrieben von Rainer Klemke am . Veröffentlicht in Aktuelles

Keinen Millimeter kam Sparkassenvorstand Riediger in dem von Landrat Bodo Ihrke angeregten Gespräch mit Ortsvorsteher Hans-Joachim Buhrs und Bürgervereinsvorsitzendem Jörg Mitzlaff am 17. März 2017 entgegen. Sein als großes Entgegenkommen bezeichnetes Angebot, frankierte Umschläge für Zahlungsanweisungen zur Verfügung zu stellen und Kunden zu Lasten eines  Eigenbeitrags von 25 € zu Beratungsgesprächen zur 14,6 km entfernten Filiale fahren zu lassen, ist für die Groß Schönebecker Bürgervertreter „ein schlechter Witz“. Jeder Versicherungsvertreter komme selbstverständlich zu den Kunden nach Hause, wenn er beraten und etwas verkaufen will und die Barnimer Sparkasse wolle nun sogar mit der Beförderungspauschale gewissermaßen „Eintritt“ verlangen für eine selbstverständliche und ertragsbringende Dienstleistung.

Zentrales Diskussionsthema war die Bargeldversorgung, die Riediger durch die Möglichkeit gewährleistet sieht, dass ab einer Einkaufssumme von 20 € bis zu 200 € beim EDEKA-Markt in Groß Schönebeck abgehoben werden könne. Das sei jedoch , so die Kunden der Sparkasse in Groß Schönebeck, weder für die Privatkunden noch für die 63 Betriebe und Geschäfte im Dorf eine Alternative zu einem Geldautomaten vor Ort.

Einige Betriebe sehen - so Ortsvorsteher Hans-Joachim Buhrs - dadurch ihre Existenz und die ihrer Arbeitsplätze bedroht, weil sie fast ausschließlich vom Bargeldverkehr leben, der bislang vor allem aus dem Geldautomaten der Sparkasse gespeist wurde. Buhrs verweist darauf, dass die Geldabhebungen nicht nur an Einkäufe gekoppelt sind, sondern auch in der Höhe wie von der zur Verfügung stehenden Geldmenge her zu begrenzt seien, um Aufträge und Dienstleistungen zu bezahlen oder Mittel für Lohnzahlungen auszureichen. Außerdem gäbe es bei EDEKA kein Bankgeheimnis, sondern nur noch „gläserne“ Kunden. Konkret sähen die Geschäftsleute im Ort eine Abwanderung von Kunden (und damit weitere Geschäftsschließungen im Dorf) voraus, da die motorisierten dorthin abwandern, wo sie auch eine Geldversorgung haben. Außerdem verweist Buhrs auf die rund 600 älteren und behinderten Bürgerinnen und Bürger aus Groß Schönebeck und die umliegenden Ortsteile, die mit Fahrrädern, Elektrofahrstühlen und Rollatoren die Bank und den Geldautomaten in Groß Schönebeck erreichen konnten, nicht aber nach Finowfurt fahren können. Außerdem seien die Mitnahmemöglichkeiten durch Nachbarn sehr eingeschränkt, da die Filiale in Finowfurt kein ohnehin angefahrenes häufiges Fahrtziel darstellt.

Sorgen gibt es auch wegen der Zukunft der Fremdenverkehrsbetriebe im Ort, die die Abwanderung der Schorfheidetouristen befürchten, die bislang wegen Übernachtungen und Urlaub, Wildpark, Jagdschlossmuseen, Natur und den großen Festen p.a. in sechsstelliger Zahl nach Groß Schönebeck kommen, wenn sie bei den meisten Anbietern nicht mit Karte zahlen könnten und keine Bargeldversorgung, z.B. am Sonn- und Feiertagen angeboten werden könne.

Bürgervereinsvorsitzender Jörg Mitzlaff sieht in dem Rückzug der Sparkasse aus der Fläche einen Verstoß gegen das Sparkassengesetz, das gerade mit der Filiale/Geldautomat vor Ort die Sonderrolle der Sparkassen begründet, um die derzeit die Bundesregierung in Brüssel kämpft. Er verweist darauf, dass nach ihm vorliegenden Informationen der Landrat in der Uckermark das Ansinnen der dortigen Sparkasse, Filialen zu schließen, im Verwaltungsrat wegen der Sicherung der Geldversorgung in dem großflächigen Landkreis abgelehnt hat, während im Barnim nun bei einer der flächenmäßig größten Gemeinden (237 qkm) nur noch eine Filiale am äußersten Ostrand des Gebietes existieren soll.

Insgesamt zeigen sich die Groß Schönebecker Bürgervertreter nach der Diskussion im Kreistag sehr enttäuscht über die mangelnde politische Unterstützung und werden bei den anstehenden Wahlen daraus die Konsequenzen ziehen. Mit Blick auf die anstehende Kreisgebietsreform sehen Ortsbeirat und Bürgerverein die Tendenz weiter wachsend, ländliche Gebiete abzuhängen und deren Attraktivität als Lebensraum anstatt zu verstärken und zu fördern, einen Rückzug aus der Fläche und eine zunehmende Konzentration hin zu den Ballungszentren. Dies werde zu weiteren Arbeitsplatzverlusten und Verlusten an Infrastruktur auf dem Lande führen, was durch keinen Wettbewerb "Dorf mit Zukunft" (wofür Groß Schönebeck ausgezeichnet wurde) ausgeglichen werden kann.

Das gelte auch für die Sparkasse. Wer seine Kunden derart im Stich lässt und sie auf online-banking verweist, - so die Groß Schönebecker - muss sich nicht wundern, wenn die sich nach günstigeren Angeboten umschauen. So sei im Ort zu hören, dass immer mehr Sparkassen-Kunden ihre Konten und Anlagen zu anderen Instituten verlagern wollen. Damit werde der von Riediger erhoffte Einspareffekt der Filialschließung durch den damit ausgelösten Kunden- und Umsatzschwund mehr als aufgewogen.

Ortsbeirat und Bürgerverein werden nun beraten, wie man weiter vorgehen will. Ortsvorsteher Buhrs: "Wir werden uns weiter für eine wirkliche Bargeldversorgung für Groß Schönebeck und die umliegenden Dörfer sowie für unsere Gäste einsetzen und auch verschiedene alternativen Lösungsmöglichkeiten prüfen. Da sehen wir uns noch nicht am Ende der Fahnenstange!"