Willkommenskaffee mit großer Resonanz

Geschrieben von Rainer Klemke am . Veröffentlicht in Willkommensteam Groß Schönebeck

 

Der Beginn des Willkommenskaffees für die tschtschenischen und syrischen Neu-Groß Schönebecker am 17. Mai 2015 verzögerte sich, weil die Gastgeber immer mehr Tische und Stühle holen mussten, um die mehr als 100 Gäste unter dem Scheunenschleppdach auf Jürgen Bohm Traditionsbauernhof unterzubringen. Allein die leckeren 15 Torten und Kuchen, die die Flüchtlinge und die Groß Schönebecker gebacken hatten nahm zwei Bierzelttische ein.

Musikalisch von Gerd Schüler sowie Ron und Conny bestens eingestimmt und nach Ansprachen von Bürgervereinssprecher Rainer E. Klemke (siehe Redetext unten), Willkommensteamleiterin Annette Flade sowie der Barnimer Sozialdezernentin Silvia Ulonska ergab sich ein fröhliches Gespräch quer durch die dörflichen und nationalen Gruppen. Die Kinder spielten miteinander auf dem Hof, egal welcher Nationaiität und das Wetter spielte nach einem heftigen Schauer mit und bescherte noch strahlenden Sonnenschein.

Aufmerksam beobachtet von rbb und MOZ wurden auch die Sorgen einiger von Abschiebung betroffenen Flüchtlinge und und die Probleme bei der Integration unter solchen Vorzeichen angesprochen. Frau Uonska bezeichnete in ihrem Grußwort die Arbeit des Groß Schönebecker Willkommenstaems als beispielhaft und wegweisend für die weitere Aufnahme von Flüchtlingen im Landkreis Barnim, die nun nach den neuesten Zahlen bei 1.000 liegen soll und bedankte sich bei den Groß Schönebeckern für den so umfassenden ehrenamtlichen Einsatz.

Hinweis: Beim DORFGESPRÄCH am Sonntag, dem 31. Mai um 10 Uhr 30 auf dem Hof von Jürgen Bohm steht u.a. auch das Thema der Aufnahme von Flüchtlingen in Groß Schöneberg auf der Tagesordnung.

 

Zur Begrüßung sagte Bürgervereinssprecher Rainer E. Klemke beim Willkommeskaffee u.a. folgendes:

Zu unserem Willkommenskaffee begrüße ich die Familien aus Syrien und Tschetschenien,

Frau Ulonska, Sozialdezernentin vom Landkreis Barnim und Mitstreiterinnen und Mitstreiter vom Willkommensteam sowie die erfreulich vielen Gäste aus dem Dorf!

Herzliche Grüße darf ich überbringen von Bürgermeister Uwe Schoknecht, der auf Reisen ist, sowie unserem Ortsvorsteher Hans-Joachim Buhrs, den eine Lungenentzündung außer Gefecht gesetzt hat.

Unser herzliches Dankeschön gilt dem Gastgeber Jürgen Bohm, der uns die gute Stube des Dorfes wieder einmal zur Verfügung gestellt hat und allen fleißigen Händen von Menschen aus drei Nationen, die uns den Tisch gedeckt haben.

Vielen Dank auch für die musikalischen Beiträge, mit denen uns Gerd Schüler, Ron und Conny unterhalten werden.

 

Gemeinsam haben wir in den letzten Wochen unter der unermüdlichen Leitung und Begleitung durch Annette Flade und in Kooperation mit Frau Ulonska und Frau Bierwirth vielen Hürden aus dem Weg geräumt.

Es ging darum, das Dorf durch Ansprache auf die Aufnahme der Flüchtlinge vorzubereiten.

Es galt Wohnungen zu finden und auszustatten, Kita- und Schulplätze freizuhalten, über die TAFEL die Versorgung mit Lebensmitteln zu erleichtern,
die Begleitung und den Fahrdienste zu Schuluntersuchungen, Ausländerbehörde, Grundsicherungsamt, Ärzte, Bank und Gemeinde nach Bernau, Eberswalde und Eisenhüttenstadt sicherzustellen,
für die Auszahlungen der Unterstützungen zu sorgen,
Sprachkurse zu organisieren und zahlreiche Anträge zu stellen.

Das war, weil es bis heute keinen amtlichen Ansprechpartner vor Ort gibt, nur mit einem enormen ehrenamtlichen Einsatz zu bewältigen.

Wir haben "Paten" für die einzelnen Familien, für Schulfragen, für die medizinische Versorgung und anderes mehr gefunden, die eine wunderbare Betreuungsarbeit geleistet haben und weiterhin leisten.

Da wir das erste Dorf in Brandenburg waren, das Flüchtlinge aufnahm (und der bislang einzige Ort in der Gemeinde), hatten und haben wir in vielerlei Hinsicht Pionieraufgaben zu leisten.

Dafür möchte ich Ihnen allen, die Sie daran beteiligt waren, auch im Namen von Bürgermeister Schoknecht, Ortsvorsteher Buhrs und des Bürgervereins ganz herzlich danken. Vor allem aber Annette Flade, ohne die es das alles nicht möglich gewesen wäre.

Diese gemeinsame Arbeit, die auch von Bürgerinnen und Bürgern aus Schluft, Böhmerheide, Klandorf und Liebenthal tatkräftig unterstützt wurde und wird, zeigt einmal mehr die Richtigkeit eines syrischen Sprichworts, das da lautet:

Wer alleine arbeitet,addiert;
wer zusammen arbeitet, multipliziert.

Und es war nicht nur Arbeit, sondern auch viel Freude, die aus dem Kontakt zwischen dem Willkommensteam und den Flüchtlingsfamilien erwachsen ist. Das war ein Geben und Nehmen, an dem beide Seiten beteiligt waren und sind.

Wir sehen mit großer Freude, wie die Kinder miteinander spielen, wie gerade sie so große Fortschritte mit der deutschen Sprache machen und mit welcher Freude und Stolz sie z.B. die gespendeten Fahrräder in Besitz nahmen.

Und wir haben anlässlich der Ausstellungseröffnung letzte Woche im Gemeindehaus auch schon ein anderes Willkommenscafé gehabt, wo wir gemeinsam den neuen Eine-Welt-Laden „Solidario“ eingeweiht haben.

Alle diese Freude am gemeinsam Tun und Kennenlernen ist aber nicht ungetrübt. Die Gesetze unseres Landes und der Europäischen Union geben vor, wie das weitere Schicksal unserer Gastfamilien verlaufen wird. Das hochkomplizierte Asylrecht, mit dem wir uns auch auseinandersetzen müssen, sieht die Überprüfung des Aufenthaltsstatus' vor.

So ist unser heutiger Willkommenskaffee auch dadurch getrübt, dass eine tschetschenische Frau und an eine syrische Familie Ausreiseverfügung geschickt wurden.

Wir werden dabei helfen, im Wege eines Widerspruchs diese Entscheidungen rechtlich zu überprüfen, aber uns sind damit die Grenzen aufgezeigt, die der Arbeit an der Integration der Flüchtlinge in unsere dörfliche Gemeinschaft gesetzt sind.

In Tschetschenien gibt es dazu ein Sprichwort, wo es heißt:

Es gibt keinen Regen ohne Wolken und keine Tränen ohne Herzschmerz.“

aber es gibt auch ein weiteres, das sagt:

Jede Wolke hat einen Silberstreifen.“

Wir hoffen und wünschen, das es auch hier ein Lösung gibt und wollen diese Wolken mal für ein paar Stunden zur Seite schieben und unser Zusammensein hier auf dem Traditionsbauernhof von Jürgen Bohm genießen.

Und bevor Gerd Schüler uns mit einem Lied erfreut, möchte ich ein anderes syrisches Sprichwort zitieren, was zu dem heutigen gemeinsamen Kaffeetrinken gut passt:

Der Kaffee muss so heiß sein,
wie die Küsse eines Mädchens am ersten Tag,
so süß, wie die Nächte in ihren Armen
und schwarz wie die Flüche der Mutter, wenn sie es erfährt.“

In diesem Sinne:

Lassen Sie sich den wunderbaren Kaffee aus unserem Eine-Welt-Laden und den Tee aus heimischen Kräutern sowie das internationale Kuchenbuffet schmecken!

Danke, dass Sie gekommen sind und genießen Sie den Nachmittag!