Mehr Bürgerbeteiligung in der Gemeinde Schorfheide beim Straßenbau

Geschrieben von Jörg Mitzlaff am . Veröffentlicht in Aktuelles

 

Dieser Tag war ein guter Tag für die Demokratie und die Bürger der Schorfheide im doppelten Sinne.

In der Gemeindevertretersitzung am 24.Juni 2015 wurde ein Fraktionsübergreifender Kompromissvorschlag beschlossen, so dass Bürger in Zukunft über die Bauweise einer Straßenbaumaßnahme selber entscheiden dürfen. Wie breit eine Straße sein soll oder welcher Belag eine neue Straße bekommt können in Zukunft die Anlieger entscheiden, also die, die auch am Ende einen erheblichen Teil der Kosten zu tragen haben.

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Dass es zu diesem Kompromissvorschlag kommen konnte verdanken wir einem Antrag der Fraktionen Freie Wähler/BKB, WIR/Bündnis 90/Grüne und DIE LINKE, mit einer noch weitergehenden Forderung nach Mitsprache ob überhaupt Anliegerstraßen neu gebaut werden sollen oder nicht.

Der Antrag hätte mit 8 Stimmen fast die Hälfte der Gemeindevertreterstimmen auf sich vereinen können. Das zeigt, dass es seit der letzten Kommunalwahl 2014 deutlich bunter zugeht im Gemeinderat und mehr Themen kontrovers diskutiert werden. Erstmals eingezogen war 2014 die Fraktion aus der Wählerliste WIR für Böhmerheide, Groß Schönebeck, Klandorf und Schluft und Bündnis 90/Grüne.

Schließlich ist es auf eine Initiative des Bürgermeisters Uwe Schoknecht hin zu einem Beratungsgespräch aller Fraktionen gekommen, bei dem der jetzt beschlossene Kompromissvorschlag erarbeitet wurde.

In dem Vorschlag heißt es: "Die Gemeindevertretung beschließt, dass künftig die Eigentümer von Grundstücken innerörtlicher Gemeindestraßen mehrheitlich über die Art (Bauweise) der zu realisierenden Straßenbaumaßname entscheiden können ... Nachdem unterschiedliche Ausführungsvarianten und deren Kosten ermittelt sind, wird eine Anliegerversammlung durchgeführt ... Die Kosten für die Maßnahme, für die sich die Mehrheit der Grundstückseigentümer entschieden hat, werden im Folgejahr in den Haushalt eingestellt."

Gelten soll die neue Regelung ab 01.01.2016 für Anliegerstraßen und ab 01.01.2017 für alle Gemeindestraßen im Ort.

Damit werden die Rechte der Bürger in unserer Gemeinde weiter gestärkt, die auch jetzt schon besser gestellt sind als in anderen Teilen Brandenburgs. Immerhin erfahren die Bürger der Schorfheide schon jetzt vorab, welche Kosten für eine geplante Baumaßnaßhmen auf sie zukommen. Eine Pflicht seitens der Gemeindeverwaltung dazu besteht in Brandenburg nicht.

Darüber hinaus werden auch jetzt schon vor einer geplanten Baumaßnahme den Ortsbeiräten Mitsprache eingeräumt, denen es freisteht ihrerseits die betroffenen Anlieger zu einer Baumaßnahme zu konsultieren.

Herr Diezel von der WIR-Wählerliste ist sichtlich zufrieden über den gefunden Kompromiss: "Aktuelle Konflikte zu Straßenbaumaßnahmen haben gezeigt, dass es hier Handlungsbedarf gibt und dem haben wir uns als Gemeindevertreter gestellt."

Gelebte parlamentarische Demokratie in der Gemeindevertretung und mehr Direkte Demokratie für unsere Bürger, darauf können wir stolz sein.

Joerg Mitzlaff.

 

 

Ausstellung Bernd Mehlitz - SEINE BILDER

Geschrieben von Jörg Mitzlaff am . Veröffentlicht in Aktuelles

Ausstellung in der
Remise Jagdschloss Groß Schönebeck,
Schlossstraße 6,
16244 Groß Schönebeck
danach im Gemeindehaus der Kirche

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Ausstellungsorte:
Remise Jagdschloss Groß Schönebeck
Immanuelkirche
Gemeindehaus der Kirche

Dauer der Ausstellung:
28.06. – 30.08.2015

Öffnungszeiten:
Täglich von 10 - 17 Uhr

Zur Eröffnung der Ausstellung am 27. Juni 2015 sprachen Lisa Westermann, die die Retrospektive für ihren Mann ausgerichtet hatte, Tourismusmanagerin Anke Bielig für die Gemeinde Schorfheide und Mehlitz langjähriger Wegbegleiter Rainer E. Klemke.

 

In seiner Laudatio würdigte Bürgervereinssprecher Rainer E. Klemke den Künstler, Kulturpolitiker, Nachbarn und Groß Schönebecker Ideengeber Bernd Mehlitz:

 

Es begann 1993 mit einer Plauderei im Büro von Bernd Mehlitz in der Berliner Kulturverwaltung, die damals noch im Europa-Center saß. Ich erzählte ihm vom bevorstehenden Erwerb eines Grundstücks in der Schlufter Straße in Groß Schönebeck und er von seinem Traum, aufs Land zu ziehen und sich dort ein Atelier einzurichten, wo er, wenn er dereinst in Pension geht, naturnah arbeiten könnte. Zusammen mit Lisa besuchte er mich dann hier in Groß Schönebeck im Jahr 1994 und die beiden konnten sich gut vorstellen, hier einmal heimisch zu werden. Wir haben dann verschiedene freiwerdende Grundstücke ins Visier genommen und als dann ein benachbartes Grundstück am Waldesrand zum Verkauf stand, uns um dessen Erwerb bemüht. Dass Bernd Mehlitz dieses Grundstück, in das er sich verliebt hatte, kaufen konnte, verdankt er letztlich Alexander, dem Sohn der Verkäuferin Anne Tausch. Der fand Bernd so sympathisch, dass er heftigst für ihn als Käufer votierte. 1995 konnte Bernd dann mit dem Um- und Ausbau des Hauses beginnen und zog an den Wochenenden mit Lisa in unseren Wohnwagen ein, um von da aus die Arbeiten zu steuern.

Ausstellungseröffnung bei strahlendem Sonnenschein auf der Nachzeichnung der ehmaligen Schönebecker Burg vor dem Schloss

Das ist nun fast genau 20 Jahre her und einer der Anlässe für die heutige Ausstellungseröffnung. Ein weiterer ist der 75. Geburtstag von Bernd Mehlitz in diesem Jahr, den wir gern mit ihm gemeinsam gefeiert hätten, wäre er nicht schon 2011 an den Folgen eines Krebsleidens von uns gegangen. Und es gibt auch noch einen dritten Jahrestag: Vor 5 Jahren gründete Bernd zusammen mit Klaus Diezel die Schorfheider Jagdhornbläser, die sich fortan jeden Montag bei ihm im Atelier trafen und die Nachbarn mit ihren Wohlklängen, die wir auch heute hier hören konnten, erfreuten.

Die Schorfheider Jagdhornbläser, einst von Bernd Mehlitz mit ins Leben gerufen, würdigten ihn mit jadglichen Klängen

Doch der Reihe nach:

Bernd war schon früh musisch geprägt durch den Klavierunterricht, den er als Kind erhalten hatte. Nach dem Abitur strebte er an die altehrwürdige Kunsthochschule am Steinplatz, um sich dort der Malerei zu widmen. Sein Vater und das Leben hatten aber anderes mit ihm vor und so begann er eine staubtrockene Verwaltungsausbildung, die ihn in 43 Dienstjahren über verschiedene Stationen, u.a. als persönlicher Referent des Innensenators, beim Protokoll der Senatskanzlei schließlich in die Kulturverwaltung führte, wo er Anfang der 90er Jahre zu Berlins höchstem Kulturbeamten aufstieg. Wenn ich sagte „staubtrocken“, so bezieht sich das auf die Ochsentour durch die Verwaltung, das Beherrschen von Verwaltungsabläufen und den Büroalltag. Es bezieht sich auf die Büroroutine, die Bernd souverän beherrschte. Diese war bei ihm aber stets mit einer großen Portion Humor und vor allem mit einer unglaublichen Kreativität gepaart, mit der er in jeder auch anscheinend ausweglosen Situation immer noch eine Lösungsperspektive aufzeigte und mit der er seinen Senatoren und den verschiedenen Regierenden Bürgermeistern, unter denen er diente, aus so mancher Patsche half.

Die Zeitläufte bescherten im das Glück und die herkulische Aufgabe, nach der Organisation des Einheitsfestes zur Wiedervereinigung Berlins das kulturelle Zusammenwachsen der Stadt entscheidend mit zu gestalten, hochgradig schwierige Verwaltungsprozesse unter wegen der Streichung der Bundeskulturmittel für das ehemalige West-Berlin finanziell trostlosen Verhältnissen zu organisieren und die kulturelle Substanz der einst geteilten Stadt und die neuen Kulturinitiativen aus der Wendezeit zu sichern. Wie das gelungen ist, werden später die Historiker erforschen und beschreiben, aber ich kann schon jetzt als Zeitzeuge sagen, dass hier in einer Situation, auf die niemand vorbereitet war und alles blitzschnell entschieden und bewegt werden musste, großartiges gelungen ist.

Ausstellungseröffnung mit Ansprachen von Annette und Stephan Flade im Gemeindehaus

Von seiner Zeit beim Protokoll war Bernd Mehlitz im Umgang mit prominenten Politikern, Künstlern und Wirtschaftsleuten geschult, aber er verstand sich auch auf die Ansprache und das Gewinnen von Menschen wie Du und ich. Bernd Mehlitz war einen Menschenversteher und ein Menschenfänger. Er war bei seinen Mitarbeitern überaus beliebt und wusste sie zu fördern und er wuchs auch hier in der Schorfheide sehr schnell in die Nachbarschaft und die Strukturen des Ortes und der Gemeinde ein. Er fand auch hier seinen Platz, an dem er seine Talente und Ideen zum Nutzen des Gemeinwesens einbringen konnte. Gleich ob er mit Daniel Barenboim, Heiner Müller, Frank Castorf, Simon Rattle oder mit seiner Nachbarin Sieglinde Moll sprach, wusste er den richtigen Ton zu treffen und eine nachhaltige Verbindung aufzubauen. In seinem großen Herzen war Platz für alle und dabei nicht der kleinste für seinen Hündin Sally, die ihm in seinen letzten Jahren nicht von der Seite wich.

Nach seiner Ansiedlung in Groß Schönebeck widmete sich Bernd Mehlitz zunächst noch nicht der Malerei, sondern richtete über dem ehemaligen Ziegenstall zunächst ein Klavierzimmer ein und erarbeitete sich mit täglichem Üben wieder ein kleines Repertoire, mit dem er seine Nachbarn bei sommerlich geöffnetem Dachfenster erfreute. Aber das war ganz das Seine, nicht für öffentliche Auftrittte geplant, im Rückblick eher als seine Annäherung an seine künftige künstlerische Arbeit an der Leinwand zu sehen, die er für die Zeit seiner Pensionierung im Auge hatte.

Als er dann 2003 nach einem großen Abschiedsfest im Kulissenlager der Deutschen Staatsoper vorzeitig in den Ruhestand ging, zog er sich mit seinem Freund aus seinen Tagen der Verantwortung für Kultur von und mit Ausländern, mit dem Maler Hannefi Yeter, für einige Monate in die Türkei nach Bodrum und Istanbul zurück, um bei ihm in die Schule zu gehen und die Sprache der Malerei neu zu erlernen.

Ron Randolf, einer der einst von Bernd Mehlitz geförderten Musiker, der nun auch in Groß Schönebeck ansässig ist und den neuen Kirchenchr leitet, spielte mit seiner Frau Conny zur Ausstellungseröffnung im Gemeindenhaus bevor die außergewöhnlich gut besuchte Veranstaltung mit einem gemeinsamen Kaffeetrinken ausklang

Angefüllt mit neuen Erfahrungen und Eindrücken kehrte er dann auf Dauer nach Groß Schönebeck zurück. Er machte sich ans Werk, diszipliniert täglich im Atelier zu arbeiten, nachdem er zuvor die große Runde mit seinem Hund durch den Wald gemacht hatte. Zuweilen musste Lisa ihn dann dreimal zum Mittagsessen rufen, so versunken war er in seine Arbeit mit Acryl und Leinwand. Dabei setzte er sich mit den Mitteln der Malerei mit seinen Lebenswelten auseinander. Er malte Stadtlandschaften, Menschen, das Dorf, die Natur in der Schorfheide. Um diese Lebenswelten auf die Leinwand zu bannen, experimentierte er mit verschiedenen Mal- und Sichtweisen. Mit ausdrucksstarken Farben wie beim Rapsfeld in einer Gewitterstimmung, einem meiner Lieblingsbilder, das hier in der Remise hängt, drückte er sich in der Sprache der von ihm geliebten Maler der BRÜCKE-Gruppe aus. Bei seinen Paarbildern, wie wir sie an der Stirnwand der Remise sehen können, oder anderen Menschenbildern träumt er eher in der malerischen Sprache von Chagall, auch bei einigen Ortsbildern. Marc Chagall ist denn auch nahe bei Bernd Mehlitz, wenn er sagte: "In der Kunst wie im Leben ist alles möglich, wenn es auf Liebe gegründet ist." Inspiriert von Felix Nussbaum, Otto Dix und Hieronymus Bosch setzt er sich malerisch mit den „Sieben Todsünden“ auseinander. Dieses Thema arbeitet in ihm und er sucht lange nach einer Form, wie er sich diesem Thema nähern kann. Sind doch die Todsünden und die Liebe jene beiden diametral einander gegenüberstehenden radikalen Möglichkeiten, welche der Mensch in Freiheit wählt und durch sie sein Leben bestimmt. Wir sehen diese Bilder nachher in der Kirche. Gerade in seinen Menschenbildern sieht man diese Liebe, die Bernd Mehlitz in sich trug. Wer ihn kannte, war und ist doch immer wieder erstaunt, wie der nüchterne Pragmatiker und 'Macher' solche aus Träumen geborene Bilder auf die Leinwand bannen konnte. Und dabei ist Mehlitz auch bei dem Brücke-Maler Ernst Ludwig Kirchner, der da sagte: "Formen und Farben sind nicht an sich schön, sondern die, welche durch seelisches Wollen hervorgebracht sind. Es ist etwas Geheimes, was hinter den Menschen und Dingen und hinter den Farben und Rahmen liegt, und das verbindet alles wieder mit dem Leben und der sinnfälligen Erscheinung, das ist das Schöne, das ich suche." Was Bernd Mehlitz auf seiner Suche nach dem malerischen Ausdruck seiner Impressionen gefunden hat, sehen wir in dieser eindrucksvollen Retrospektive seiner Arbeiten.

In den wenigen Jahren, die ihm verblieben, hat er eindrucksvolles Oeuvre geschaffen, an die 300 Bilder und vielen Skiszzenbücher, in denen er Bildideen und Impressionen auf Ausflügen und Reisen festhielt. Ca. 110 Bilder werden uns als ein Querschnitt seines Schaffens aus den Jahren 2004 bis 2011 an den drei Ausstellungsorten der Retropektive gezeigt. Viele davon waren auf seinen bisherigen Ausstellungen in der Gemeinde, in Brandenburg und Berlin noch nicht zu sehen und es ist wunderbar, dass die politische und die Kirchengemeinde es möglich gemacht haben, einmal das ganze Spektrum von Bernd Mehlitz Bildsprache vorzustellen.

Das unkonventionelle und zugleich hoch professionelle Denken von Bernd Mehlitz, das er ansonsten immer gezeigt hat, korrespondiert eigentlich ganz gut mit dieser Kreativität beim Malen, die ihn auch als einen Malerpoeten erscheinen lassen. Vor allem zeichnete ihn lebenslang sein Neugier auf Neues, Unbekanntes aus, seine Offenheit, etwas Neues auszuprobieren und daran zu arbeiten, dass es gut wird. Damit war er der richtige Mann an der richtigen Stelle in der Kulturverwaltung und auch der richtige Mann, der uns hier in Groß Schönebeck mit neuen Ideen den Mut gab, Neues zu wagen. Und das war einiges:

Die Initiative des erklärten Nichtjägers Bernd Mehlitz zur Gründung einer Jagdhorngruppe, die an die Tradition der Schorfheide anknüpft und nun aus unserem dörflichen Leben gar nicht mehr wegzudenken ist, erwähnte ich schon. Der für seine ehrenamtlichen Tätigkeiten für die Gemeinde ausgezeichnete Bernd Mehlitz hat aber noch mehr ins Rollen gebracht. Als Vorsitzender und Motor des Festkomitees für die 707-Jahrfeier von Groß Schönebeck, dem vielleicht bedeutendstem Ereignis des Dorfes seit der Wiedervereinigung. Als Initiator und Organisator der Schorfheider Sommerkonzerte in unserer Dorfkirche, zu denen er namhafte Künstler aus Berlin aufs Land lockte und damit Spenden für die Restaurierung der Orgel eintrieb. Als Mitgründer des Bürgervereins Groß Schönebeck/Schorfheide e.V., der mittlerweile gemeinsam mit dem Ortsbeirat das Rückrat des dörflichen Lebens darstellt. Als Berater in der Nachbarschaft und für den Ortsbeirat in vielen Bereichen. Dass er damit auch im Bewusstsein des Ortes präsent ist, zeigte mir die wiederholte Ansprache von Bürgerinnen und Bürger beim Tag der Offenen Höfe am 14. Juni, die sich darüber freuten, was hier gemeinsam auf die Beine gebracht wurde und sagten, schade, dass das Bernd Mehlitz nicht mehr erlebt hat, der doch hier im Dorf so viele und so vieles in Bewegung gesetzt hat.

Dieser Anerkennung und diesem Dank können wir uns heute nur anschließen und uns an den Bildern von Bernd Mehlitz erfreuen, die er uns als bleibendes Andenken hinterlassen hat und die Lisa Westermann mit der großen Unterstützung der Gemeinde und insbesondere von Frau Bielig und dem Team der Remise, von Annette und Stephan Flade und der Kirchengemeinde, mit Nachbarn und Freunden hier nun erstmals in dieser Breite an Orten, zu denen Bernd Mehlitz eine besonderes Verhältnis entwickelt hatte, präsentiert. Darüber freuen wir uns und danken Ihnen sehr, dass Sie alle hierher gekommen sind, um daran Anteil zu haben. Ich denke, Bernd schaut uns - von wo auch immer - in aller Ruhe und Gelassenheit, die ihm immer zu eigen war, zu und freut sich mit uns.

Fotos der BIlder von Bernd Mehlitz sowie von der Ausstellungseröffnung: Hartmut Faustmann

 

3. Tag der Offenen Höfe zur Landpartie in Groß Schönebeck: Felderrundfahrten, Kutschengeschichten und viel Musik brachten erneuten Besucherrekord

Geschrieben von Rainer Klemke am . Veröffentlicht in Aktuelles

Das Tor zur Schorfheide, Groß Schönebeck, war weit geöffnet am Sonntag, dem 14. Juni 2015. Bürgerverein und Ortsvorstand mit tatkräftiger und finanzieller Unterstützung des Bauernverbandes Barnim hatten zum dritten Mal zum Tag der Offenen Höfe geladen. Mit 15 geöffneten Höfen und Betrieben konnte zur 21. Landpartie das umfassendste Angebot im Land Brandenburg  gemacht werden. Das hat viele auswärtige Besucher überzeugt, die nicht wegen eines einzelnen Hofes rumfahren wollten und sich deshalb für Groß Schönebeck entschieden. Und die kleinen und großen Besucher strömten auf die mit vielen attraktiven Angeboten beteiligten Höfe, mehr als 4.500 (2014: 2.000)  Besuche bilanzierte Bürgervereinssprecher Rainer E. Klemke am Abend, bevor ein erlebnisreicher Tag auf dem Lande mit einem fulminanten Konzert der Blue Haley Showband aus Berlin auf dem Lindenplatz ausklang. 

 

Zuvor hatte sich Groß Schönebeck mit insgesamt 16 Ausstellungen zur deutschen und zur Orts-Geschichte, der Biosphärenlandschaft, der Landwirtschaft, der Malerei, Schmuck und Fotografie, mit seinen Sehenswürdigkeiten, dem Jagdschloss, dem Wild- und Kletterpark, seinen Reiterhöfen, mit der Sammlung von Oldtimern und historischen Militärfahrzeugen von Norbert Maaß, mit der großen Kutschen- und Schlittensammlung von Jürgen Bohm auf seinem Traditionsbauernhof, mit dem Fuhrpark der Freiwilligen Feuerwehr, mit seiner Grenzwald-Destille, mit viel Musik  und verschiedensten  Mitmachangeboten für Kinder bis hin zum Melken beim Stand des Bauernverbandes Barnim als attraktiver Ort zum Leben und zum Erholen auf dem Lande präsentiert.



Die Besucher aus der dörflichen Nachbarschaft, aus Berlin und Potsdam, Eberswalde, Schwerin und Frankfurt/Oder, den USA, China, die Neubürger aus Pakistan, Tschetschenien und Syrien nutzten die kostenlosen Shuttles mit Kremsern und Oldtimer-Jeep, um von Hof zu Hof zu fahren, mit den Hoftieren und - besitzern in Kontakt zu treten, die gastronomischen Angebote zu genießen und zu erleben, wie man damals und heute auf dem Dorf lebt und arbeitet. Ein besonderes Highlight, so Ortsvorsteher und Leiter des Organisationsteams Achim Buhrs, waren die stets ausgebuchten Rundfahrten der Schorfheider Agrar-GmbH über die Felder, bei denen Geschäftsführer Rainer Dickmann die moderne Feldwirtschaft und Freiland-Rinderzucht, aber auch die Sorgen der Betriebe vor dem Ausverkauf durch Großinvestoren darstellte, die die gepachteten Flächen von den Erben der Altbauern aufkaufen und damit die örtlichen Betrieben in ihrer Existenz gefährde. Ein weiteres besonderes Highlight war die Lesung von Kutschengeschichten aus Bullerbü, Karelien und vom Baron von Münchhausen für Kinder in der Kutschensammlung mit der Schauspielerin und Filmemacherin Sula Pferdt aus Groß Schönebeck. Heiß diskutiert wurde am Stand des Bürgervereins anhand eines Groß Schönebeckers Fotokalenders für 2016 und weiteren Bildern aus der Geschichte des Ortes. Hier wurden Erinnerungen ausgetauscht und den Jüngeren vor Augen geführt, wie sich der Ort gewandelt hat. Unverhofft sahen Besucher auf historischen Ansichtskartenabbildungen Familienangehörige oder deren Nachrichten auf über 100 Jahre alten Postkarten.

 

Aufgrund des großen Ansturms waren über 2.000 Stück selbstgebackener Kuchen schon früh ausgegangen, einige Fässer und die Vorräte der Grenzwald-Brennerei geleert, aber trotzdem musste am Ende der Veranstaltung niemand durstig oder hungrig nach Hause gehen. Mit den extra eingesetzten Zügen der NEB kam auch jeder unbeschadet bis nach Berlin zurück.

Großes Geschick bewiesen am Stand des Bauernverbandes unsere ausländischen Freunde. Unseren Pakistanischen Neubürger wollte der Bauernverband (wenn das möglich wäre) sogar gleich als Melker einstellen:

Der nächste Tag der Offenen Höfe zur Brandenburger Landpartie ist am Sonntag, den 12. Juni von 10 bis 20 Uhr wieder mit einem randvollen Programm. Näheres unter "Veranstaltungen".

Weitere Berichte zum Tag der Offenen Höfe finden Sie hier:

http://www.moz.de/artikel-ansicht/dg/0/1/1398434

http://www.odftv.de/news_barnim/Landleben_hautnah__-23182.html

Willkommensteam schreibt an Woidke, de Maiziére undBundes- Migrationsbeaftragte Aydan Özoguz

Geschrieben von Rainer Klemke am . Veröffentlicht in Willkommensteam Groß Schönebeck

 

Im Auftrag des Willkommensteams des Bürgervereins haben Teamleiterin Annette Flade und Sprecher Rainer E. Klemke an den Ministerpräsidenten Dr. Dietmar Woidke, Bundesinnenminister Thomas de Maiziére und die Bundesbeauftragte für Migration und Flüchtlinge Aydan Özoguz den im folgenden in der Fassung des MP-Briefes dokumentierten Brief geschrieben. Ziel des Schreibens ist es, der Politik das Dilemma vor Augen zu führen, das aus der auch von der Politik propagierten und hier gelebten Akzeptanz und Willkommenskultur für die Flüchtlinge einerseits und aus der amtlichen Abschiebepraxis andererseits resultiert. Die langjährigen Versäumnisse der Politik, eine geregelte Einwanderungspoiltik zu betreiben und langfristige Lösungen zu entwickeln führen dazu, so das Willkommensteam, dass aufgrund der der Entwicklung hinterherlaufenden Krisenmanagementpolitik die sozialen Gruppen untereinander in Konflikt geraten, dass für die betroffenen Flüchtlinge und vor allem für deren Kinder unzumutbare Situationen über Jahre festgeschrieben werden und dass aufgrund der unzureichend ausgestatteten betroffenen Verwaltungen nur durch bürgerschaftliche Nothilfe halbwegs geregelte Abläufe sichergestellt werden können.

 

Willkommensteam des Bürgervereins Groß Schönebeck/

Schorfheide e.V.

 

An den Ministerpräsidenten
des Landes Brandenburg
Herrn Dr. Dietmar Woidke
Landesregierung Brandenburg
Staatskanzlei
14473 Potsdam                                                                                    Schorfheide, den 06. Juni 2015

Sehr geehrter Herr Ministerpräsident!

Die Landesregierung hat dazu aufgerufen, eine Willkommenskultur für die Aufnahme von Flüchtlingen zu entwickeln. Wir haben diesen Aufruf ernst genommen und bei uns als einem der ersten Dörfer im Land Brandenburg ein 28köpfiges Willkommensteam gebildet, dem auch Bürgerinnen und Bürger umliegender Ortsteile angehören, um unsere Einwohner mit Rundschreiben und Dorfgesprächen für die Aufnahme von Flüchtlingen vorzubereiten.

Wir haben zusammen mit dem Landkreis bei uns Flüchtlingsfamilien in Wohnungen in unserer Kita und Schule untergebracht. Wir haben unsere deutschen Kinder und Jugendlichen in Kita, Schule und Jugendclub auf die Ankunft der Flüchtlinge mit speziellen pädagogischen Angeboten vorbereitet. Wir haben „unsere“ tschetschenischen und syrischen Flüchtlinge, die z.T. ohne Ankündigung bzw. in anderer Zahl bei uns eintrafen, willkommen geheißen und ihnen geholfen, den Zumutungen unserer Bürokratie zu begegnen, ohne amtlichen Ansprechpartner vor Ort immer wieder von Groß Schönebeck über Berlin-Karow, Bernau und Eberswalde zu den Ämtern fahren zu müssen, z.T. ohne Geld und nicht in der Lage, die deutschsprachigen Fahrkartenautomaten zu verstehen. Wir haben uns frei genommen und sie mit dem Auto zu den Terminen gefahren, die willkürlich anberaumt und für einzelne Familienangehörige getrennt angesetzt wurden, was wiederholte Fahrten erforderlich machte. Wir haben uns um die Bürokratie für die Kostenübernahmen für Kranke gekümmert und haben z.T. drei Ärzte in verschiedenen Städten anfahren müssen, um eine Behandlung zu ermöglichen. Wir haben uns tageweise frei genommen, um Flüchtlinge nach Eisenhüttenstadt zu Anhörungen zu fahren, wohin sie morgens um 8 Uhr bestellt worden waren, obwohl es dazu überhaupt keine Verkehrsverbindung gibt. Wir haben die Mütter mit ihren Kindern zu Schuluntersuchungen nach Bernau gefahren, weil das bei den Erstaufnahmen versäumt worden war. Dadurch konnten sie wochenlang nicht die Schule besuchen, weil erst auf die Ergebnisse gewartet werden musste. Wir haben Sprachkurse vor Ort eingerichtet und dafür gesorgt, dass daran auch die Mütter teilnehmen konnten (amtliche Aussage: „Die sollen doch auf die Kinder aufpassen!“). Wir haben zahlreiche Anträge für die Flüchtlinge ausgefüllt, Briefe geschrieben und sie zur Bank begleitet, damit sie Konten eröffnen konnten, auf die dann das völlig überlastete und unterbesetzte Grundsicherungsamt z.T. doch nicht die Unterstützungen überwiesen hat und diese dann in Eberswalde abgeholt werden mussten. Wir haben eine TAFEL ins Dorf geholt, um sowohl unseren dörflichen Bedürftigen wie auch den Flüchtlingen Zugang zu kostenarmen Lebensmitteln zu ermöglichen, um damit mögliche Konflikte zu entschärfen. Wir haben die Flüchtlinge u.a. mit Fahrrädern ausgestattet, damit sie sich frei bewegen können, was besonders für die Kinder eine unglaubliche Freude war. Wir haben versucht, seelischen Beistand zu leiten und auch Seelsorge für die traumatisierten Flüchtlinge, die furchtbares erlebt und durchlitten haben.

Wichtiger noch:

Wir haben Freundschaft geschlossen mit „unseren“ Familien Mezhidov, Arsunkaeva, Baydueva, und den beiden Familien Mifleh. Wir haben sie in unsere Sportvereine aufgenommen, unsere Kinder spielen mit deren elf Kindern auf dem Spielplatz und den Höfen, wir treffen uns beim Willkommenskaffee und anderen dörflichen Festen und Gelegenheiten, bei denen sich die Flüchtlinge aktiv einbringen. Die „Paten_innen“ der einzelnen Familien, die Schulbetreuer_innen und die Sprachlehrer_innen sind sind wie die Teamleiterin von Ansprechpartner_innen der Familien zu Freunden geworden, zu denen die Flüchtlinge Vertrauen gefasst haben.

Kurz, wir haben den wohlfeilen Begriff der „Willkommenskultur“ ernst genommen. Nun aber erfahren wir, dass es auf eine Drehtür-Betreuung wie bei der Bahnhofsmission (einen heißen Tee, ein paar Decken und dann geht’s weiter...) hinausläuft: Einzelne Familienangehörige erhalten Ankündigungen für die Einleitung von Abschiebungsverfahren, sollen also von ihren Angehörigen, von Vätern und Ehemännern, von Söhnen und anderen Verwandten getrennt und nach dem Dublin-Abkommen in Vertragsstaaten abgeschoben werden, z.B. nach Polen oder Ungarn, wo sie keine Betreuung erwartet, wo sie erneut allein gelassen werden, erneut sprachlos und isoliert ohne Perspektive in Lagern leben sollen, die wir ihnen hier bieten können.

Sehr geehrter Herr Ministerpräsident,

wie stellt sich die Politik unter diesen Umständen eine „Willkommenskultur“ vor? Wie sollen wir unsere Aktiven und das Dorf motivieren, neue und auch vermehrt Flüchtlinge aufzunehmen? Kann es eine „Drehtür-“ Willkommenskultur geben? Wir alle wissen, dass es nicht leicht war, nach dem Krieg über acht Millionen Heimatvertriebene aufzunehmen. Das ging nicht ohne Konflikte. Und der Westen des Landes hat über drei Millionen DDR-Flüchtlinge/Übersiedler aufgenommen, die es bis in höchste Staatsfunktionen und Wirtschaftspositionen geschafft haben. Alle diese aber hatten die Chance, in der Bundesrepublik eine Perspektive aufzubauen. Sie alle konnten sich integrieren und Beziehungen zu ihrer Umgebung eingehen.

Wenn Sie und andere Politiker_innen nun appellieren, sich den Flüchtlingen zu öffnen und sie aufzunehmen, gegen alle Vorurteile anzukämpfen und zu helfen, dann müssen Sie und die deutsche Politik allgemein auch dafür stehen, dass die Bereitschaft, dies zu tun, nicht dadurch ad absurdum geführt wird, dass solche vielfältigen ehrenamtlichen Anstrengungen sinnlos werden, wenn die uns anvertrauten Menschen nach kurzer Zeit wieder des Landes verwiesen werden. Treten Sie dafür ein, dass einmal aufgenommene Menschen hier bleiben und ihre sozialen Bezüge entwickeln und ausbauen können, dass die Kinder nicht herumgestoßen werden, sondern sich eine neue Heimat erobern und ihren Frieden finden können, nach all' dem, was diese zarten Seelen schon haben ertragen müssen!

Geben Sie denen, die zu uns gekommen sind, um der Not und dem Terror in ihrer Heimat entkommen, eine Chance auf eine Leben in Frieden!

Unser Asylrecht ist ursprünglich entstanden aus der Erfahrung der NS-Verfolgung von Juden, Sinti und Regimegegnern, die in anderen Ländern keine Aufnahme fanden, weil die sich damals mit ähnlichen rechtlichen Hürden, wie sie die EU nun immer weiter aufbaut, vor Zuwanderung aus Nazi-Deutschland schützten. Mit der Gedenkstätte Berliner Mauer in der Bernauer Straße in Berlin erinnern wir daran, wie Menschen aus der DDR daran gehindert wurden, in die Freiheit und in einen bürgerlichen Wohlstand zu entfliehen, aber wir errichten nun an den Außengrenzen der EU eine neue Mauer, die ähnliches bewirkt und wo fast täglich mehr Menschen sterben als in 28 Jahren an der innerdeutschen Grenze.

Sehr geehrter Herr Ministerpräsident,

was sagen wir den Kindern und Jugendlichen, die bei uns Aufnahme gefunden haben, die freundschaftliche Bande geknüpft haben mit Gleichaltrigen und gerade dabei sind, Fuß zu fassen, wenn sie – entgegen der Intention des Grundgesetzes - nun in unzumutbare Lager nach Polen, Bulgarien oder Ungarn geschickt werden sollen.

Und was sagen wir den ehrenamtlichen Helfern, die Ihren Aufruf ernst genommen haben, die unzählige Stunden für die Betreuung der Familien, Geld und Sachleistungen gespendet haben, die Freundschaften geschlossen haben? Wie sollen wir die motivieren, wenn nun die nächsten Flüchtlinge dringend einer umfassenden Unterstützung in einem Dorf abseits der Ämter und Verkehrswege bedürfen?

Und abgesehen von der menschlich-moralischen Seite:

Wie sieht unsere Zukunft z. B. Bei uns im Barnim/Uckermark und im Land Brandenburg generell ohne massive Zuwanderung aus? In unserer Gemeinde Schorfheide ist derzeit schon jeder Dritte über 60 Jahre alt, 10% sind über 80 Jahre. Demnächst fehlen in der Uckermark und im Barnim 3.600 Pflegekräfte, die nicht durch deutsche Arbeitskräfte ersetzt werden können. Das wird sich in der Zukunft noch dramatischer entwickeln. Gibt es einen Masterplan der Landes oder des Bundes, wie dieser seit langem absehbare Notstand bewältigt werden kann? Müssten wir nicht für jede Familie mit Kindern dankbar sein, die sich bei uns niederlassen will wie einst die Hugenotten oder die Holländer? Gerade hier auf dem Lande brauchen wir dringend eine anhaltende Zuwanderung oder wollen wir die Dörfer aufgeben und alle nach Berlin ziehen, wo die Bevölkerungsstruktur dank der massiven Zuwanderung aus der Türkei und mittel-/osteuropäischen Staaten noch etwas besser ist?

Sehr geehrter Herr Ministerpräsident,

setzen Sie sich mit unserer Landesregierung dafür ein, dass die Menschen, die bereits in Wohnungen untergebracht und in die Dorfgemeinschaft integriert sind und Fuß gefasst haben, hier mit ihren Kindern ein neues Leben aufbauen dürfen! Setzen Sie sich dafür ein, dass ihre Träume von einer neuen Heimat, in der sie ohne Todesangst leben können, in Erfüllung gehen. Verhindern Sie, dass sie mit Ihren Kindern erneut auf eine Odyssee in unzumutbare osteuropäische Lager geschickt und erneut traumatisiert werden. Sorgen Sie dafür, dass sie hier für ihren Unterhalt selbst arbeiten dürfen! Setzen Sie sich dafür ein, dass sie keine Neubürger auf Abruf sein müssen!

Mit freundlichen Grüßen

Rainer E. Klemke

Sprecher des Bürgervereins Groß Schönebeck/Schorfheide e.V. und des Willkommensteams

Tel.:0152 34142946

Mail: Diese E-Mail-Adresse ist vor Spambots geschützt! Zur Anzeige muss JavaScript eingeschaltet sein!

Pfarrerin Annette Flade

Leiterin des Willkommensteams

 

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